Archiv der Kategorie: Allgemein

Berlin, Bari, Regensburg: Konferenzen im Herbst

Die letzten Monate waren angefüllt mit Konferenzen vornehmlich im Games-Bereich, bei denen ich freundlicherweise aufs Podium eingeladen wurde. Beginnen möchte ich aber mit der Ankündigung einer Konferenz, auf der ich im Dezember die Keynote halten darf: Die Gamepathy in Regensburg.

Die Konferenz Gamepathy ist noch gar nicht alt, sie findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt. Sie widmet sich dem Computerspiel aus dem Blickwinkel der Empathie. Das allein ist schon ein spannendes Konzept, das ich gern unterstütze.

Parallel dazu findet eine Entwicklerkonferenz statt, die zum Entwickeln von Spielen mit diesem Fokus ermutigen möchte.

Meine Keynote wird den Titel „Games zwischen Empathy Machine und Eichmann-Generator“ tragen.

Die Apulia Digital Experience, die vom italienischen Fernsehsender RAI und dem Filmhouse Bari in Kooperation mit Fabio Belsanti und seiner Initiative „Video Games and (High) Culture“ veranstaltet wurde, lud mich Ende Oktober nach Bari ein.

Das italienische Fernsehen hat mich zu Computerspielen in Apulien interviewt: https://www.linkedin.com/posts/fondazione-apulia-film-commission_ade2024-apuliadigitalexperience-apuliafilmcommission-activity-7255921620446273536-BW7B

Auf der Bühne saßen Marta Fijek, eine sehr kluge Akademikerin, die zum Thema ein neues Buch „How and Why We Make Games – The Creative Confusion“ veröffentlicht hat, sowie ihr Ko-Autor Artur Ganszyniec. Ich lese das Buch gerade und kann es herzlich empfehlen, da Marta das Konzept des Narrative in Computerspielen aus einer neuen Perspektive beleuchtet: sie trennt sich von klassichen Betrachtungsweisen von Elementen in Computerspielen und scheidet sie in ihrer „Topography of Narrative“ in „Static“ und „Dynamic“. Das ist eine spannende Betrachtungsweise, die mir auf ersten Gedanken einleuchtend erscheint, die ich aber noch genauer durchdenken muss.

Und dann lud mich die Stiftung digitale Spielekultur im November unter dem Titel „From Dystopian Fears to AI Realities & Video Games“ auf die ExMachina-Bühne auf dem Games Ground Festival in Berlin ein. Dort sprach ich mit Miles Tost (Level Design Lead CD Project Red), Carolin Wendt (Community Manager CD Project Red) und Dr. Lars Schmeink (Forscher am Deutschen Luft- und Raumfahrt-Zentrum) über Dystopien in Cyberpunk 2077.

Welche Ängste generative KI auslösen, werden ja schon heute deutlich. Was macht menschliche Kreativität aus? Kann Maschine Kreativität? Oder kopiert sie nur den Menschen? Cyberpunk eskaliert das Thema ja noch mal durch die transhumanistische Brille: wie viel kann man von einem Mensch wegnehmen, ohne dass er sein Menschsein verliert? Wie viel kann man ihm hinzufügen? Und wie viele menschliche Qualitäten muss eine Maschine oder Künstliche Intelligenz (die starken) gewinnen, damit wir ihnen Menschenrechte zugestehen?

Solche Fragen sind Menschheitsfragen, und das Computerspiel als Kulturelles Artefakt ist ein guter Ort, um sie zu diskutieren. Die Veranstaltung war sehr befruchtend, besonders weil parallel eine Spielung des Computerspiels stattfand, die zeitweise im virtuellen Puff landete …

Auf dem Dreieich-Con – einem der größten deutschen Tischrollenspiel-Cons – haben mein Schreibgefährte Thomas Finn und ich zum ersten mal aus unserem noch unveröffentlichten Manuskript gelesen.

„Im Schatten Simyalas: Ruinen der Elfen“ erscheint am 27.02.2025.

Eine Stunde später hatten wir inoffizielle Staffelübergabe:

Denn unsere Simyala-Bücher sind ja die inhaltlichen Nachfolger zu Bernhard Hennen und Robert Corvus Phileassonsaga. Daher haben wir auf dem Dreieich-Con eine Podiumsdiskussion zum gemeinsamen Schreiben von Büchern und der Zukunft der DSA-Romane im Piper-Verlag gehalten, moderiert von Robert Bude.

Und last but not least lud mich freundlicherweise das SPD-Kulturforum am 5. November zur Diskussion zum Thema „Mensch vs. Machine“ nach Berlin ein. Die angeregte Diskussion im Basecamp mit Dirk Beinhold, Filmproduzent und Vorstandsmitglied der Deutschen Filmakademie & Deutschen Produzentenallianz, Dr. Ramona Greiner, Digital Analytics & Data Ethics Consultant, Speakerin und Autorin, sowie Tim Renner, Musikproduzent, Journalist und Autor und ehem. Berliner Staatssekretär für Kultur wurde moderiert von Arne Schröer, dem Geschäftsführer des Kulturforums der Sozialdemokratie.

VG-Wort KI-Lizenzen – was tun?

Disclaimer: ich habe diesen Text ursprünglich am Wochenende in Vorbereitung einer bevorstehenden Ankündigung der Änderung des Wahrnehmungsvertrages krank geschrieben und wollte ihn eigentlich noch bearbeiten, bevor ich ihn veröffentliche. Da ich nicht ganz so schnell mit dem Newsletter der VG Wort gerechnet habe und die Diskussion jetzt aber so hochkocht, habe ich mich entschlossen, ihn unbearbeitet freizugeben. Ich bitte daher, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.

Zweiter Disclaimer: Ich bin seit 2019 Mitglied des Verwaltungsrats der VG Wort und begleite die Diskussion daher schon seit Monaten intern, habe Fragen gestellt und versucht, die Vor- und Nachteile mit zu durchdenken. Auch auf der Mitgliederversammlung der VG Wort wurde dazu eine intensive Debatte geführt. Der Beschluss für diese Lizenzen erging am 1.6.2024. Bitte unbedingt auch die FAQ der VG Wort lesen!

Dritter Disclaimer: Der Raubzug der großen generativen KI-Modell-Entwickler an urheberrechtlich geschützten Werken hat mit dieser KI-Lizenz der VG Wort keinen unmittelbaren Zusammenhang. Auch meine Kollegin im Verwaltungsrat, Nina George, hat sich dazu ebenfalls geäußert. Hier meine Erläuterung:

2019 traten umfangreiche Änderungen im europäischen Urheberrecht in Kraft, das dazu geführt hat, dass in Deutschland  § 44b des UrhG zu Text- und Data-Mining (auch liebevoll TDM genannt) so formuliert wurde: „Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen.“

Urheber*innen oder Lizenzinhaber*innen können der Verwendung der Werke mittels eines sogenannten „Nutzungsvorbehalts“ (oft auch Opt-Out genannt) widersprechen, allerdings nur, wenn es sich nicht um ein Text und Data Mining für wissenschaftliche Zwecke handelt. Bei wissenschaftlichem TDM ist wegen § 60d UrhG ein Nutzungsvorbehalt nicht möglich, die Werke können ohnehin ohne Zustimmung der Rechteinhaber*innen verwendet werden.

Wichtig: Die Paragraphen zum TDM werden in Europa als nachträgliche Legitimierung herangezogen, wenn es darum geht, generative KI zu trainieren und die Legalität des Verwendens von Werken von Künstler*innen zu behaupten, ohne jene um Erlaubnis zu fragen oder zu vergüten. Heißt: ChatGPT und Co. nehmen sich alles, was im Internet veröffentlicht ist und verwenden diese Werke für ihre Zwecke, ohne dafür zu bezahlen..

Befürworter*innen berufen sich darauf, dass das Training generativer KI in der technischen Beschreibung im TDM-Paragraphen ja so „mitgemeint“ gewesen sei. (Dass die Gesetzgeber*innen in Brüssel die lange diskutierte EU-Richtlinie 2019 zum Urheberrecht noch nicht ahnen konnten, dass 2022 der Durchbruch mit KI erfolgen würde … geschenkt.)

Erstens: Alle gängigen Urheber*innenverbände, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die VG Wort widersprechen dieser Lesart. Heißt: Wir sind der Meinung, es handelt sich bei dem Vorgang des Trainings von generativer KI nicht oder jedenfalls nicht nur um TDM, sondern um andere und weitergehende Nutzungsarten. Auch und gerade die VG Wort hat ein Interesse daran, dass Urheber*innen vergütet werden, und will das über eine kollektive Wahrnehmung der Rechte ihrer Mitglieder erreichen.

Eine Studie der Initiative Urheberrecht; unter anderem vom Verband deutscher Schriftsteller*innen und der VG Wort mit finanziert bzw. initialisiert – hat festgestellt, dass es sich beim Training von KI nicht um TDM handelt und dass das Training von Modellen anhand urheberrechtlich geschützter Werke etliche Urheberrechtsverstöße darstellt. Heißt: Die VG Wort kämpft hier für das Urheberrecht und gegen die großen KI-Hersteller an der Seite der Urhebenden und Verlage, beide Gruppen räumen ihr im Wahrnehmungsvertrag Rechte ein.

Zweitens sind wir Urheber*innenverbände der Meinung, es müssen a) Urheber*innen/Lizenznehmer*innen gefragt werden, bevor geschützte Werke zum Training von generativer KI verwendet werden, b) die verwendeten Werke müssen von den Anbietern transparent gemacht werden, c) die Rechteinhaber*innen müssen angemessen vergütet werden und d) Produkte, also Texte und Bilder o.ä., die mit generativer KI erstellt werden, müssen als solche gekennzeichnet werden. Siehe auch: Verband deutscher Schriftsteller*innen in Verdi Kunst und Kultur bzw. Initiative Urheberrecht zu KI.

Die VG Wort unterstützt den Anspruch der Urheber*innen und Lizenznehmer*innen an ihren Werken mit Hinblick auf generative KI vollständig! Auch die Änderung des Wahrnehmungsvertrags durch die VG Wort soll diesen Anspruch unterstützen. Wer sich näher mit der Position der VG Wort beschäftigen möchte, lese bitte einen Beitrag von Dr. Robert Staats, dem Geschäftsführer der VG Wort, aus dem Juli in der Politik & Kultur. Er ist meines Erachtens einer der einflussreichsten Befürworter einer neuen Regelung zum Schutz der Werke von Urheber*innen gegenüber Modellanbietern wie ChatGPT et al.

Darin stellt er fest, dass das Urheberrecht Reformbedarf hat: „Wie kann sichergestellt werden, dass Urheberinnen und Urheber oder andere Rechtsinhaber (wieder) über die Nutzung ihrer Werke im Zusammenhang mit KI frei entscheiden können? Wie kann ein rechtssicherer und maschinenlesbarer Vorbehalt gegen die Nutzung von Werken für Text und Data Mining eingelegt werden? Wie kann eine angemessene Vergütung sichergestellt werden?„. Dieser Beitrag wurde im Juli veröffentlicht, kurz nachdem die Mitgliederversammlung der VG Wort nach intensiver Debatte (!) der Regelung zugestimmt hat.

Als Mitglied des Verwaltungsrats der VG Wort kann ich zunächst sagen: die neue Regelung soll ausschließlich für das firmeninterne Training und Verwendung einer unternehmenseigenen generativen KI dienen. Zielgruppe der Lizenz ist z.B. ein Pharmaunternehmen, das anhand von wissenschaftlicher Literatur eine generative KI trainieren möchte. Standesämter. Firmenintern heißt auch: nicht zur Veröffentlichung bestimmt.

Auch für mich ist es ein seltsames Gefühl, zuzustimmen, dass die eigenen Werke zum Training für generative KI verwendet werden dürfen – aber hier sind a) und c) sowie hoffentlich d) unseres Forderungskatalogs erfüllt: wir werden um Zustimmung gebeten und es erfolgt eine Vergütung. Ich würde mir wünschen, dass die Transparenz der Trainingsdaten auch durchgeführt wird, aber das kann ich natürlich nicht bewerten. Wie hoch eine Vergütung sein wird, hängt natürlich a) vom Markt, und b) vom Wert der Lizenzen ab – also wie „gut“ die Werke und wie viele Werke es sind, die hier in die unternehmensinternen KI-Modelle eingespeist werden.

Unterstellt wird, dass Firmen ein berechtigtes Interesse an solchen juristisch einwandfrei lizensierten Werken für das Training von generativer KI besitzen. Denn dem Anspruch von ChatGPT und Co wird ja von Seiten der Rechteinhaber*innen immer vehementer widersprochen. Hier auf der richtigen Seite zu stehen und rechtssicher zu agieren, ist von Vorteil. Denn wenn das durchgeklagt wird und festgestellt wird: nein, die TDM-Ausnahme ist tatsächlich nicht anwendbar, aber alle haben sich darauf verlassen, die Werke der Urheber*innen verwenden zu können, stehen die Firmen im Regen und müssen sich auf drastische Nachzahlungen und Schadensersatzklagen einstellen. Unterstellt wird auch, dass eher wissenschaftliche Werke angefragt werden, als belletristische.

Anspruch auf Vergütung festigen: Die VG Wort versucht mit ihrem Ansatz, den Anspruch auf Vergütung von Urheber*innen und Lizenznehmer*innen mit den KI-Lizenzen zu festigen. Die VG Wort könnte hier durch das Geschäftsmodell auch belegen, *dass* uns Geld abhanden kommt, wenn KI an unseren Daten trainiert wird. Das kann helfen, einen Anspruch für Urheber*innen zu unterstützen. Das heißt, meines Erachtens haben wir ein Interesse daran, dass diese KI-Lizenzen gut funktionieren.

Ich werde also der neuen Regelung zur Verwendung meiner Werke nicht widersprechen, auch weil ich möchte, dass die VG Wort-Unternehmenslizenzen funktionieren. Damit der legitime Anspruch von Urheber*innen auf die Lizensierung und Vergütung ihrer Werke im Training von KI endlich durchgesetzt wird. Ob da eine relevante Summe Geldes fließt, kann ich natürlich genauso wenig prophezeien, wie irgend jemand sonst.

Schlussendlich aber kann und sollte jede*r selbst entscheiden, ob die eigenen Werke hier freigegeben werden. Dafür sind wir im Verwaltungsrat eingetreten. Zu bedenken ist: wenn die Werke einmal in einer generativen KI einer Firma „enthalten“ sind, kann man sie nicht wieder „herausnehmen“. Generative KI kann nach heutigem Wissenstand nicht wieder „verlernen“, was sie einmal gelernt hat. Ein folgender Widerspruch gilt dann erst für das neue Werk ab dem Widerspruchszeitpunkt.

Nachtrag: Natürlich kann die VG Wort mit eurer Einwilligung nur die *legale* Nutzung der Werke in firmeninternen generativen KI regeln. Sie kann nicht die *illegale* Nutzung durch ChatGPT und Co verhindern. Leider.

Devcom & Gamescom 2024

Ich freue mich so sehr auf die devcom 2024! Zusammen mit Jörg S. Friedrich von Paintbucket Games werde ich darüber sprechen, warum wir die Welt mit Games retten können!

Kommt vorbei und sprecht mit uns darüber!

Dienstag, 20. August 2024
4:00 PM bis 5:00 PM – 1 Std. (Europa/Berlin)
Bühne 11 – Confex 3 Stockwerk

Auch auf der Devcom:

Fabio Belsanti war so freundlich, mich zu seiner Podiumsdiskussion „(Video)Games, History & High Culture: Theorie und Praxis in IP Homeni et Armi“ einzuladen!

Dienstag, 20. August 2024
13:30 bis 14:30 Uhr – 1 Std. (Europa/Berlin)
Bühne 9 – Confex 3 Stockwerk

Und drittens hat mich die Film- und Medienstiftung NRW am Mittwoch auf die Gamescom eingeladen. An ihrem Stand Halle 4.1, A061 findet dieses Jahr ein spannendes Gesprächsprogramm statt, das ihr u.a. auf Linkedin findet.

Am Mittwoch um 14h ist der NRW-Empfang mit NRW-Medienminister Nathanael Liminski; und um 15h folgt dort direkt danach unsere Podiumsdiskussion:

Weltenbauerinnen – Utopien & Dystopien
Lena Falkenhagen und Theresa Hannig diskutieren über das Erschaffen eigener Welten in Medien wie Games, Büchern und Theaterstücken. Moderiert von Daniel Budiman!

Der nachfolgende Talk über „Das Spiel mit den Regeln“ klingt auch hochinteressant, und ich höre Felix Zimmermann (bpb) und Linda Kruse (Uni Trier) immer gern zu, besonders, wenn sie über Serious Games reden!

Sprecht mich gern an, wenn ihr Fragen habt!

Podcast: Spielend subversiv

Die letzten Wochen und Monate waren sehr aufregend für mich. Ich habe endlich einen langgehegten Traum von mir umgesetzt: einen eigenen Podcast umzusetzen.

In Spielend subversiv sprechen Marina Weisband und ich über eine andere Form der Literatur: Liverollenspiel, also eine Mischung aus zuschauerlosem Improvisationstheater und Tischrollenspiel (Pen-&Paper-Rollenspiel). Wir möchten den Podcast einsteigerfreundlich halten und hoffen, auch Menschen dafür zu interessieren, die keine Liverollenspiele machen.

Lena Falkenhagen und Marina Weisband nebeneinander in Liverollenspiel-Gewandung, darüber der Schriftzug „Spielend subversiv“.

Was ist Liverollenspiel? Die Veranstalter mieten eine Burg oder anderen Veranstaltungsort (Zeltplatz z.B.) und denken sich eine Handlung oder Konflikt aus. Die Teilnehmenden spielen darin die (Haupt-)Figuren. Mit dazu passender Gewandung und Ausrüstung.

Im Liverollenspiel gibt es so viele verschiedene Formate, die alle auch unterschiedliche Mechaniken (oder Meta-Techniken, wie es hier oft genannt wird) besitzen.

In Folge 0 erklären Marina und ich, was Liverollenspiel ist und warum wir darüber sprechen, in Folge 1 wie so ein Liverollenspiel eigentlich vonstatten geht.

Warum möchte ich über Liverollenspiel (Live Action Roleplaying Games, kurz: Larp) sprechen? Ich halte es für eine völlig unterschätzte Kunstform. Spiel lehrt uns ganz „spielerisch“ von Kindesbeinen an wichtige Fähigkeiten. Spiel ist intensiv mit unserem Erforschen von Rollenbildern verknüpft. Gleichzeitig bietet Spiel einen sicheren Raum, in dem wir solche Rollen erkunden können – und das, ohne, dass wir es so richtig realisieren, also eher auf „subversive“ Weise.

In Skandinavien ist die „Nordic Larp„-Szene eng verknüpft mit der queeren und besonders der trans Szene. Genau aus dem oben genannten Grund: Man kann verschiedene Rollen und Identitäten ausprobieren und einerseits feststellen, wie wohl man sich damit fühlt, andererseits auch erste Schritte in einer Männer- oder Frauenrolle machen und Selbstvertrauen erwerben, ohne, dass es das eigene Privatleben beeinträchtigt. Der Zauberkreis des Spiels macht es möglich.

Als Professorin für Game Design interessiere mich auch intensiv für Larp-Theorie, die auch besonders aus dem Nordic-Bereich kommt. Das mache ich auch, um das Sprechen über Liverollenspiel, was wir darin tun, wie wir darüber reden, einer deutschen Spielerschaft näher zu bringen.

Ich denke, dass das Vokabular, über Liverollenspiel zu sprechen, wie auch die Differenzierung zwischen verschiedenen Formaten oft noch fehlt. „Liverollenspiel“ ist kein einzelnes Hobby, es ist eine Ansammlung von vielen. Und nicht jeder, der „Liverollenspiel“ sagt, meint dasselbe.

Hört gern mal rein!

Mediale Erlebniswelt „Yosephinum“ in Altenburg

Die multimediale Erlebniswelt „Yosephinum“ der Stadt Altenburg ist ein großartiges Langzeitprojekt, um die Kraft der Spiele aufzuzeigen. Die Finanzierung ist gesichert; das Land Thüringen fördert mit knapp 15 Mio Euro.

Das Yosephinum wird nach unserer Planung nicht nur Elemente von Brettspielen, Computerspielen und Rollenspielen haben, sondern auch durchspielbar sein! Das heißt, man kann auf verschiedenen Pfaden das Haus mit einer Geschichte erleben.

Geleitet und begleitet wird dieses Projekt von städtischer Seite aus durch Florian Voß, auf Brettspieleseite durch Prof. Dr. Jens Junge. Ich freue mich, dieses phantastische Konzept als Narrative Director mit in die Realisierungsphase tragen zu dürfen.

Einen ersten Eindruck erhält man über die Promo-Videos, die es auf dem Instagram-Kanal des Yosephinums nachzuschauen gibt!

Die Homepage des Yosephinums gibt auch schon etwas Aufschluss auf das Projekt.

Radiobeitrag „Zwischen Open Access und Kommerz“ im rbb

Der Dom zu Berlin bei Nacht im Dezember. Mein alter Kietz.

Am 6. Dezember 2022 saß ich in der James-Simon-Galerie in Berlin in einer Podiumsdiskussion, die den unangenehmen Titel „Kultur zwischen Open Access und Kommerz“ führte. Dieser Titel war unglücklich gewählt, denn zunächst mal versucht eine Autorin, versucht ein Musiker ja von seiner Hände Arbeit zu leben. Wir reden hier also nicht über eine Kommerzialisierung. (Danke hier an Matthias Hornschuh, der das gewohnt gut auf den Punkt brachte).

Die zwischendurch etwas hitzige Debatte wurde von dem Moderator Harald Asel sehr souverän mit Christian Humborg von Wikimedia Deutschland, Patricia Rahemipour (Direktorin Institut Museumskunde) und Christoph Deeg sowie mir für den Verband deutscher Schriftsteller*innen geführt.

Mein Dank geht an Olaf Zimmermann vom Deutscher Kulturrat für die Einbindung der Urheberschaft, an Gero Dimter von der James-Simon-Galerie für die Gastfreundschaft und Harald Asel vom rbbKultur.

Meine Meinung: Wir müssen das digitale Bullshit-Bingo beenden und diskutieren, wie unsere immer mehr zu Alles-umsonst tendierende Gesellschaft Künstler*innen vergüten möchte. Wir benötigen eine Strukturförderung für Kunst und Kultur.

https://www.inforadio.de/rubriken/debatte/das-forum/2023/01/digitalisierung-kultur-angebot-finanzierung.html

„Europa Erlesen“ – Literatur und Games

EUROPAerlesen

Europa liest, und das ist gut so. Die erste Veranstaltung der Reihe „Europa Erlesen“ dreht sich allerdings um die Intersektion zwischen Literatur und Computerspielen.

Wir sprechen über die Entstehung von Computerspielen aus literarischen Vorlagen, über das Entstehen von Büchern und Comics aus Computerspielen, und darüber, ob Computerspiele als Literatur bezeichnet werden können, oder nicht.

„EuropaErlesen“

am  

Montag, den 2. Mai 2022,

von 17:00 bis ca. 19:00 Uhr

in der Zentralbücherei Düsseldorf
Konrad-Adenauer-Platz 1
40210 Düsseldorf

Ich darf die Veranstaltung moderieren und freue mich auf die Gäste:

Philipp Weber
Narrative Designer, CD Project Red (u.a. The Witcher)

Etienne Bouvier
Transmedia Content Manager, Ubisoft (u.a. Assassin´s Creed)

Michael Serrer
Leiter des Literaturbüros Nordrhein-Westfalen 

Die Begrüßung erfolgt durch den Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten
sowie Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Stephan Holthoff-Pförtner.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Frankreich-Polen-NRW-Jahres statt.

Frankreich-Polen-NRW-Jahr

Anmeldungen für die Präsenzveranstaltung bitte an europaerlesen@stk.nrw.de

Für eine Online-Teilnahme (über zoom und twitch) bitte das Formular auf dieser Seite ausfüllen.

Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt und wird auf zoom simultan ins Englische übersetzt.

Polit-Satire „Beholder 3“ im Spannungfeld des Kriegs

Beholder 3 von @Paintbucket Games

Spiele zu entwickeln ist ein komplexer Prozess. Ich darf verkünden: Beholder 3 ist erschienen, und es macht sich sowohl im Verkauf wie auch in der kritischen Presse sehr gut. Dabei geriet das Spiel kurz vor Veröffentlichung in die Finanzfronten des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine.

Im Oktober 2020 begann für mich die Arbeit mit dem berliner Gamingstudio Paintbucket Games an „Beholder 3“. Am 3.3. 2022 erschien das Spiel nach 17 Monaten Entwicklung. Der Publisher, Alawar, ist ein russisches Unternehmen, das bereits Beholder und Beholder 2 von russischen Studios hat anfertigen lassen. Über Through the Darkest of Times ist Alawar dann auf Paintbucket Games aufmerksam geworden. Und Paintbucket bat mich, Narrative Director des Spiels zu sein.

In Beholder 3 spielen wir Frank Schwarz, einen zum Hausmeister einer staatlichen Liegenschaft degradierten Beamten des Heimatschutzministeriums. Sein Auftrag: seine Nachbarn zu überwachen. Wir bespitzeln, beobachten, denunzieren und kompromittieren die Menschen um uns herum, um in einem System zu überleben, das keine menschlichen Züge mehr trägt. Überwacht werden wir von der allmächtigen Lotte Altmann, ihres Zeichens Chefin des Ministeriums.

Lotte Altmann, Chefin des Ministeriums

Die „Größte Union“ und der „Große Anführer“ sind dabei auf die satirische Spitze getriebene Stellvertreter für totalitäre Systeme auf der ganzen Welt. Von Beholder unterscheidet sich Beholder 3 dadurch, dass ein der Perestroika nicht unähnlicher Systemfrühling angebrochen ist, in dem sich die Hardliner, die Reformer und die Revolutionäre gegenüber stehen und alle wissen, was das beste für die Größte Union und ihre Bewohner*innen ist.

Ich liebte Beholder, mochte Beholder 2 und freute mich daher königlich über die Anfrage von Jörg Friedrich, an Beholder 3 mitzuarbeiten. Mir war wichtig, die Situation von Frauen in einem totalitären Staat zu beschreiben und eine lesbische Storyline einzuweben, die für die Entscheidung der Spieler im Verlauf sehr relevant werden würde. Alawar stimmte dem zu, was ich für ein russisches Studio im 2020 gegebenen Klima erfreulich fand.

Kim Schwarz, unsere Tochter, hat noch nie so in die Gesellschaft gepasst. Auch Frank weiß anfangs nicht, dass sie einen sogenannte „Nonkonforme“ ist, eine Verklausulierung für Menschen, die bei homosexuellem Verhalten erwischt werden. Über den Verlauf des Spiels muss man sich als Frank Schwarz dann entscheiden, ob man seine Karriere im System über das Wohl seiner Lieblingstochter Kim stellt.

Frank Schwarz und seine Tochter Kim mit ihrem neuen Haustier, einer Ratte.

Was am Anfang nach einem gemeinsamen Plan für mehr Sichtbarkeit von LGBTIQ+ aussah, entwickelte sich dann mit dem Krieg Russland gegen die Ukraine zum Nervenspiel. Plötzlich musste ich mir Gedanken darüber machen, ob meine lesbische Storyline wichtig genug ist, dass andere Menschen in Russland dafür vielleicht ins Gefängnis gehen müssen.

Und auch auf wirtschaftlicher Seite wurde es noch ein Veröffentlichungsthriller: Beholder 3 sollte am 3.3.2022 auf Steam erscheinen. Am 2.3. schloss Steam den russischen Markt (verständlicherweise), um mit den Sanktionen des Westens gegen Russland auch hier die Geldströme zu unterbrechen. Für Beholder 3 fiel damit ein Drittel des angestammten Marktes weg, wie Jörg Friedrich in diesem Interview des Deutschlandfunks angibt. Und wir wussten nicht, ob es Alawar noch lange geben würde, wenn diese ihre Angestellten nicht bezahlen können.

All das ist ein kleines Opfer in einem großen, schrecklichen Kriegsgeschehen – und spielt natürlich im Vergleich zu den Menschenleben und Existenzen, die gerade in der Ukraine von den Bomben vernichtet werden, keine große Rolle.

Das Beispiel Alawar und Beholder 3 zeigt aber auch, dass die Sanktionen auch fortschrittliche, offene Kulturschaffende betreffen, die mit ihren Werken auf dem russischen Markt etwas bewirken könnten. Und sei es die Empathie mit dem Leid einer jungen lesbischen Frau in der Größten Union aufzubringen, die einfach nur versucht, sie selbst zu sein und ihr Leben zu leben, und am System zerschellt.

#Bissfest|er Podcast

Obwohl im Umzug begriffen, hat mich Stephan Reichart, der Managing Director der Devcom-Konferenz, in seinen Podcast #Bissfest eingeladen.

Eigentlich wollten wir über Essen reden, da Stephans Leben sich stark um Kochen, das Essen und das Genießen dreht. Das gelang nur so halb.

Stattdessen sprachen wir über meine Anfänge und die ersten Romane, über schwule und bisexuelle Charaktere in Fantasy, darüber, warum George RR Martin sich in den Plotsträngen von Game of Thrones total vergaloppiert hat, über das Leidenlassen von seinen Figuren und viel, viel mehr.

Eigentlich höre ich mir selbst ungern zu, aber dieser Podcast ist hochvergnüglich geworden.

Stephan streamt auch viel und gern auf Twitch, manchmal über Games, sehr oft über das Kochen.