Archiv für den Monat: Juli 2016

Aus der Schreibstube: Hilfreiche Tipps zum Prokrastinieren

In meinem letzten Blogbeitrag bin ich generell darauf eingegangen, dass Prokrastinieren nicht immer eine Katastrophe sein muss, sondern im Gegenteil ein normaler Teil des Schreibprozesses eines kreativen Berufs sein kann. Daher möchte ich hier die positiven Seiten der Prokrastination vorführen:

Prokrastiniere, um glücklicher zu sein!

Während ich mich früher an den Schreibtisch gezwungen und dort festgekettet habe, um mein Tagespensum an Manuskriptseiten fertigzuschreiben, verleihen nun Dinge, die mich glücklich machen, dem Tag eine viel spielerischere Note. Und da man dabei vielleicht sogar praktische Dinge tut (manche Menschen soll es ja glücklich machen, die Wäsche zu bügeln …) hat man sogar einen verstärkten Eindruck davon, an diesem Tag etwas erreicht zu haben.

Ich habe gerade die Selbststrukturierung via Bullet Journal für mich entdeckt und bin nach wenigen Tagen (wie in diesem Blogbeitrag beschrieben) süchtig nach dem Format. Einer meiner Selbstmotivationspunkte, den ich darüber für mich entdeckte, war: „mach auch Dinge, die dich glücklich machen“. Diese Dinge sind für mich ein, zwei Kapitel in einem guten Buch zu lesen, mir einen neuen Zierstich zum mittelalterlichen Sticken anzueignen, einen Blogbeitrag wie diesen zu schreiben oder mit einem frisch gebrühten Cappuccino auf dem Balkon sitzen und mein Journal zu pflegen.

Prokrastiniere mit Hausarbeit!

Früher habe ich diese Aufgaben aus dem Pflichtbewusstsein – „Du musst doch schreiben, und ein Bankangestellter räumt auch nicht mal eben die Wäsche in den Schrank!“ – zu meinem Beruf in den Abend geschoben.

Und nein, Aufräumen macht mich nicht glücklich. Aber die Wäsche anzusetzen oder aufzuhängen, in der Küche die Spülmaschine umzuräumen, ein paar Dinge im Wohnzimmer wegzusortieren oder mal ein Zimmer zu saugen wird bei mir inzwischen per Task in mein Bullet Journal eingeplant. Warum?

  • Jede Arbeit, auch kleinere Hausarbeiten, bringen mich morgens in Schwung. Schwung macht gute Laune und trägt mich in so komplexe Dinge wie die Ablage, die Steuererklärung oder das Schreiben.
  • Schreiben ist eine hochgradig theoretische, ja verkopfte Tätigkeit, von der man manchmal eine Pause benötigt. Für mich habe ich festgestellt, dass sich beim Aufräumen auch Dinge in meinem Kopf „klären“, als würde der äußere Prozess im Inneren widergespiegelt. Die besten Ideen kommen einem kreativen Hirn oft dann, wenn man eben nicht versucht, sie zu erzwingen.
  • All diese Tätigkeiten warten nicht mehr abends nach getaner Arbeit auf mich! \o/
  • Die Wohnung „macht sich von selbst“. An einem aufgeräumten Schreibtisch zum Beispiel schreibe ich deutlich besser, als wenn mich ständig die Überweisung für die GEZ oder die Steuererklärung ablenken.
  • Ich habe am Ende des Tages nicht nur eventuell den Inhalt eines digitalen Kapitels nicht-haptisch in einen Rechner gehackt, sondern mir Erfolgserlebnisse erarbeitet, die man sehen und anfassen kann.

Prokrastiniere mit Familie!

Manche Autoren haben Kinder, andere „nur“ eine/n Partner/in, aber in jedem Fall tendiert man als Autor in einer heißen Schreibphase dazu, alles um sich herum zu vergessen. Wenn man aber abends spontan einen Cocktail trinkt oder zusammen schnell das Kinderzimmer aufräumt, hat man einerseits Zeit mit der Familie verbracht und seinem kreativen Hirn die Gelegenheit gegeben, mal aus dem Thema zu kommen und z.B. das letzte Kapitel von einer anderen Perspektive zu betrachten. Und im Zweifel macht ja auch Familie glücklich, nicht wahr?

Prokrastiniere ohne schlechtes Gewissen!

Dieser Punkt ist vielleicht sogar der wichtigste. Was habe ich mich unwohl gefühlt, wenn mich die „Prokrastination“ (bestehend aus Aufräumen, Kochen, Sport machen, Kaffee trinken, Freunde treffen) vom Arbeiten abgehalten hat. Was ich immer unterschätzt habe ist, wie sehr man exakt diese Tätigkeiten im Leben als von zuhause arbeitender Soloselbständiger benötigt. Austausch mit Menschen. Pausen im Schreibfluss, um seine Inhalte reflektieren zu können. Stressabbau durch Sport … Niemand kann immer nur Arbeiten, und die Arbeit von zuhause ist eine der schwierigsten Jobsituationen, die man sich aussuchen kann.

Abschließend möchte ich in diesem Sinne alle Autoren, die wie ich dazu tendieren, beim Schreiben „dicht“ zu machen und versuchen, sich nicht ablenken zu lassen, zum Umdenken motivieren. Macht das exakte Gegenteil. Lasst euch ablenken! Habt mehr Freude beim Schreiballtag und auch zu Hause ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit. Nichts wird euch so sehr beim Schreiben helfen wie nicht zu schreiben und glücklicher dabei zu sein.

Aus der Schreibstube: Mehr Prokrastination, bitte!

Die letzten Wochen habe ich Blogbeiträge zum Thema Selbst- und Projektmanagement für Autoren geschrieben. Zu diesem Themenfeld gehört auch das Prokrastinieren (von to procrastinate).

Prokrastination – aus dem Neudeutschen grob übersetzt als Aufschieberitis – wird unter Autoren in den letzten Jahren kritisch diskutiert. Wir alle kennen das Phänomen. Man muss oder will schreiben, um das Tagespensum zu erreichen, oder weil der Abgabetermin bei der Lektorin drängt, und doch haben wir nichts anderes zu tun als … das Bad zu putzen. Wäsche aufzuhängen. Ganz dringend die Recherche zur Archäologie mittelalterlicher Straßenbeläge zwischenzuschieben. Bei letzterem bleibt man dann hängen an Facebbook, Twitter und co und vertrödelt manchmal Stunden. Das erhöht wiederum den Schreibdruck und, wie bei einem Dominospiel, in dem sich die Steinchen nacheinander auslösen, auch den Drang zum Prokrastinieren am Folgetag.

Prokrastination ist der moderne Begriff für Faulheit, Vermeidungsstrategien, die Unfähigkeit, professionell zu arbeiten. Gleichzeitig spricht man in Büroberufen immer mehr von der Wichtigkeit der „Work-Life-Balance“. Meine Theorie ist, dass Prokrastination für die Soloselbständigen von zuhause eben diese Work-Life-Balance herstellt, wenn man sie zulässt.

In den Tagesablauf eingeplante Prokrastination motiviert mich sogar zum Arbeiten.

Der Hintergrund? Selbständige in kreativen Berufen lassen sich nicht auf dieselbe Art zum Arbeiten motivieren wie Menschen, die weniger kreative Tätigkeiten ausüben. Nächste Woche gebe ich in einem neuen Bloggbeitrag hilfreiche Prokrastinations-Tips.

Natürlich ist diese Methode vielleicht nicht die richtige, wenn man ein krankhaftes Vermeidungsproblem hat. In diesem Fall empfehle ich den Gang zum Psychotherapeuten, denn dann hat man nicht nur ein Arbeitsproblem, dann gehen die Ursachen vermutlich tiefer.

Nächste Woche gibt es hilfreiche Prokrastinations-Tipps!

Aus der Schreibstube: Break it Down!

Aufgabe-Problem Nach der Grobplanung im Blogbeitrag der letzten Woche kommen wir zur Feinplanung. Dafür lohnt es sich zu hinterfragen, was eine Aufgabe denn nun genau ist. Ein Kapitel fertigschreiben? Das Exposé abschließen? Ein Thema recherchieren? Ein Kapitel lektorieren? Die Antwort ist ja und nein.

Eine Aufgabe ist exakt so groß, dass sie DICH zum Beenden selbiger motiviert. Wenn du in deinen Kalender schaust und schon ein flaues Gefühl im Magen bekommst, weil „Kapitel 15 schreiben“ für heute eingeplant ist, dann ist die Aufgabe zu groß, oder du hast zu wenig Zeit dafür eingeplant. Besonders bei ungeliebten Themen (Steuererklärung, anyone?) schreibe ich inzwischen „Steuererklärung anfangen“ und notiere mir noch zusätzlich Einzelschritte wie „Übertrag EÜR in Einkommenssteuer“, „Fehlende Belege identifizieren“, „Fehlende Belege kompilieren“, „Fehlende Belege eintragen“.

Keine Aufgabe sollte mehrere Wochen Zeit kosten; im Gegenteil, sie sollten auf verdaubare Größen heruntergebrochen werden. Meine Aufgaben sind im besten Fall schnell zu machen, dauern nur wenige Stunden; allerhöchstens zwei bis drei Tage.

Das hiflt mir auf zwei Arten und Weisen: ich entwickle beim „Break Down“ eine klarere Vorstellung von dem, was ich bei dem Projekt „Steuererklärung“ zu tun habe, ich habe eine wirklich detaillierte To-Do-Liste, bei der ich mir selbst mit vielen Kreuzchen vermitteln kann, dass ich einen Fortschritt erziele, und ich habe immer eine klare Vorstellung davon, was noch oder als nächstes zu tun ist.

Letzteres ist besonders bei einem großen Romanprojekt von großer Wichtigkeit. Denn wenn ich eine klare Vorstellung davon habe, was als nächstes gemacht werden muss, dann trägt mich das schon über so manche Lustlosigkeit hinweg und vermeidet langfristig Schreibblockaden. (Ja, Schreiben ist nicht immer nur toll. Nun ist es raus.)

Einen Break Down, insgesamt einen Projektplan herzustellen, ist natürlich nur möglich, wenn man das Schreiben überhaupt plant. Das tun nicht alle, besonders Bauchschreiber tun sich damit schwer. Mir hilft ein Plan beim Fertigschreiben und beim Überblickbehalten.

In meinem Blogbeitrag der nächsten Woche gehe ich auf des Autors größten Feind, die Prokrastination ein!

Man liest sich!