Archiv für den Monat: Mai 2024

Schreiben für Games, und wie es meinen Schreibprozess verändert

Im Augenblick finalisiere ich gerade mein neues Fantasy-Buch für den Piper-Verlag.

Dabei ist spannend zu beobachten, wie sich mein Schreibprozess im Laufe der Zeit verändert hat, während ich mehr an Computerspielen als an Romanen gearbeitet habe.
Und möglicherweise hätte ich es nicht einmal bemerkt.

Letztes Jahr stellte mir der scharfsinnige Dr. Souvik Mukherjee während der Konferenz „Literatur und Games“ vom Deutschen Literaturarchiv Marbach diese Frage: „Sag mal, Lena, wie hat das Schreiben für Spiele eigentlich dein Schreiben verändert?“

Ich war ganz verblüfft über diese Frage. Und ich hatte noch keine Antwort.

Jetzt, nachdem der erste Roman fast fertig ist, habe ich eine.

Ich schreibe nun schon seit 30 Jahren. Angefangen hat es mit Kurzgeschichten, also linearer Literatur. Sehr schnell kamen auch Spielebücher mit Abenteuern für Tabletop-Rollenspiele hinzu, also nicht-lineare Fiktion, die Spieler in einem Rollenspiel wie Das Schwarze Auge am Tisch selbst mit ihren eigenen Charakteren durchleben können.

Dann schrieb ich Romane. Viele Romane. Und damit war der Löwenanteil meines Werks lineare Fiktion. Mein Schreibprozess glich dem natürlich. In der Regel habe ich, mit dem einen oder anderen Rückgriff auf bereits Verfasstes, auch linear geschrieben, und das hat für mich gut funktioniert.

Seit nunmer 13 Jahren schreibe ich nun sowohl die Struktur (ich nenne es „strategische Erzählung“) als auch mehrere tausend Zeilen Computerspieldialoge für eine Vielzahl von interaktiven Spielen.

Spiele leben vom Testen. Das Testen von Daily Builds oder anderen Testversionen eines Spiels zeigt einem, wie sich die Geschichte aus der Sicht eines Spielers anfühlt. Bei interaktiven Spielen gibt es in der Regel verschiedene Versionen von Handlungssträngen, denen der Spieler folgen kann.

Das Ergebnis ist ein fragmentierter Schreibprozess

Man schreibt etwas, man testet es. Wenn man merkt, dass eine Auswahloption oder eine Aufgabe fehlt, fügt man sie hinzu und testet sie. Und von vorn.

Und jetzt, wo ich meinen neuen Fantasy-Roman mit Thomas Finn für den Piper Verlag schreibe, in dem ich zu dem alten und sehr bekannten Kontinent Aventurien der Offline-Spielwelt Das Schwarze Auge zurückkehre, schreibe ich plötzlich in derselben Weise.

Ich schreibe die wichtigsten Punkte der Handlung. Ich lese. Ich springe an Punkte, an denen etwas fehlt und füge einige charakterisierende Dialoge oder Konflikte zwischen Charakteren hinzu. Ich lese. Ich springe zurück, um mehr Handlung oder eine Nebenquest für einen der Charaktere hinzuzufügen. Ich lese. Und von vorn.

So wächst mein Roman ganz wie ein Spiel, nicht unähnlich einem Garten, aus verschiedenen Wurzeln und Pflanzen.

Ich mag das sehr. ❤

Und vielen Dank an Souvik Mukherjee für die Frage, die er letztes Jahr gestellt hat. Sie hat mir sehr geholfen, zu erkennen, was in meinem Prozess vor sich geht.

Und jetzt höre ich auf zu prokrastinieren und gehe zurück an die Arbeit am Roman.

Mediale Erlebniswelt „Yosephinum“ in Altenburg

Die multimediale Erlebniswelt „Yosephinum“ der Stadt Altenburg ist ein großartiges Langzeitprojekt, um die Kraft der Spiele aufzuzeigen. Die Finanzierung ist gesichert; das Land Thüringen fördert mit knapp 15 Mio Euro.

Das Yosephinum wird nach unserer Planung nicht nur Elemente von Brettspielen, Computerspielen und Rollenspielen haben, sondern auch durchspielbar sein! Das heißt, man kann auf verschiedenen Pfaden das Haus mit einer Geschichte erleben.

Geleitet und begleitet wird dieses Projekt von städtischer Seite aus durch Florian Voß, auf Brettspieleseite durch Prof. Dr. Jens Junge. Ich freue mich, dieses phantastische Konzept als Narrative Director mit in die Realisierungsphase tragen zu dürfen.

Einen ersten Eindruck erhält man über die Promo-Videos, die es auf dem Instagram-Kanal des Yosephinums nachzuschauen gibt!

Die Homepage des Yosephinums gibt auch schon etwas Aufschluss auf das Projekt.