Archiv für den Monat: Dezember 2012

Aus der Schreibstube: Das Lektorat – ein Liebesdienst am Text

Oft wird das Lektorat am eigenen Text von jungen Autoren gefürchtet. Da gehen Ängste um wie „Wie viel bleibt von meiner Vision?“ oder „Muss ich denn alles übernehmen, was die Lektorin mir ankreidet?“

Natürlich muss man nicht alles übernehmen, was die Lektorin – oder der Lektor – im Text ändert; das meiste sind nur Vorschläge. Der wahre Experte für den Text ist immer noch der Autor oder die Autorin, er oder sie muss selbst wissen, ob die Änderungen konsistent und richtig sind oder nicht.

Manche Lektorinnen begleiten ein Buch sogar bereits während des Entstehungsprozesses. Da kann man über Struktur, Charakteranlage der Figuren oder Tempo des Buches sprechen, wenn man möchte – aber das alles ist immer ein Angebot.

Hier muss man differenzieren zwischen Inhaltslektorat und Feinlektorat/Endlektorat.

Ersteres arbeitet eben genau an solchen Dingen wie „Warum reagiert Figur XY in Szene Z so hölzern oder achtet gar nicht darauf, dass der Bösewicht ihm etwas angetan hat?“ oder „In Kapitel 10 gibt es Längen, kann man das kürzen?“. Solche wertvollen Hinweise des Erstlesers oder Lektors sollte man unbedingt anhören und überdenken. Man muss sie nicht in jedem Fall umsetzen, aber wenn der Punkt einem Leser aufgefallen ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er auch weitere Leserinnen stört.

Zweiteres, das Feinlektorat, dient dazu, einen Text zu glätten. Holprige Formulierungen, schiefe Metaphern, Rechtschreib- und Kommafehler – all diese Dinge, die Leser so oft aus dem Lesefluss reißen, werden hier (hoffentlich) korrigiert. Mir ist bislang nur ein Mensch aufgefallen, der wirklich druckreif schreiben kann – und das ist eine echte Seltenheit. Ich kann es nicht, und ich freue mich über das Angebot meines Verlages.

Alles in allem sehe ich das Lektorat als Liebesdienst des Lektors an meinem Text. Ulrich Kiesow, der meine erste Rollenspiel-Kurzgeschichte lektorierte, klebte mir ein Post-it mit einem freundlichen Text auf die Textfahne, auf der stand: „Liebe Lena, erschrick nicht über das viele Rot im Text. Wenn ich deine Geschichte nicht toll fände, hätte ich nicht so viel Zeit und Liebe  investiert, um sie zu lektorieren. Ich möchte, dass deine Geschichte in der bestmöglichen Form präsentiert wird; immerhin steht dein Name drunter.“

Das habe ich mir zu Herzen genommen und mich jeweils auf die Arbeit mit dem Lektor gefreut. Ich bin noch nie einem begegnet, dessen Anmerkungen ich schlecht oder gar übelwollend empfunden habe.

 

Edit: Dieser Text ist nicht lektoriert worden. :)