30 Jahre deutsche Einheit

Vor 30 Jahren saß ich weinend vor dem Fernseher und sah Menschen dabei zu, wie sie auf Trabbidächer trommelten. Dieser Tag, an dem das Unglaubliche geschah, ist einer der wenigen, die mir immer im Gedächtnis bleiben werden.

Ich lebte im Schatten der Grenze in Celle. Das Zonenrandgebiet mit der Grenze überschattete das Leben in der Kleinstadt. Mit Austauschschülerinnen fuhren wir zur Elbe; wo eine mitten im Fluss halb gesprengte Brücke zum Symbol der deutschen Teilung geworden war. Das Bild beeindruckte mich sehr.

Ich sprach heute mit Freund*innen und PAN-Kolleginnen (Crossmedienne und Miss Viscid) beim gemeinsamen Frühstück darüber, dass sie mit dem Feiertag zur Deutschen Einheit gar nichts verbinden, weil sie damals zu jung waren. Inzwischen ist eine ganze Generation vergangen, in der Menschen mit der DDR nichts mehr verbinden. Und ich fühle mich offiziell alt.

Ich glaube, „Nachgeborene“ können kaum begreifen, wie sehr die Teilung Deutschland vor der Wende geprägt hat. Dass man im eigenen Land nicht nach Osten fahren konnte. Dass man achtsam war. Dass man Berlin nicht besuchen konnte, ohne durch die „Zone“ zu fahren. Wie stark die politischen Spannungen einfache Menschen beeindruckte. Wie groß die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung war, selbst in mir, die das ganze Deutschland vorher nicht erlebt hatte.

Man darf nicht verschweigen, dass der Einigungsprozess nicht optimal gelaufen ist, um derbe zu untertreiben. Ein Beitritt heißt, ein Partner fügt sich ein, anstatt dass beide zu etwas neuem verschmelzen. Das Trauma des Identitätsverlusts, so unlieb einem diese Identität vielleicht auch gewesen ist, wurde massiv unterschätzt. Julian warf ein, dass es Studien gäbe, Ex-DDR-Bürger*innen hätten im eigenen Land Diskriminierungserfahrungen gemacht, und das glaube ich sofort. Die Einigung hat viele Probleme aufgeworfen, die nicht oder zu wenig Ernst genommen wurden.

Was bedeutet mir die Einheit? Ich bin immer noch froh darum. All die Probleme täuschen nicht darüber hinweg, dass wir zueinander stehen und gemeinsam in die Zukunft schreiten wollen. Wir müssen vieles verbessern, um noch mehr zusammenzuwachsen.

Ich lerne, dass uns eines damals sehr gefehlt hat: das Verständnis für das Gegenüber. Jetzt müssen wir Ursachenforschung betreiben; und jetzt Fehler zu verbessern, ist umso schwerer und umso anstrengender.

Aber davor drücken können wir uns nicht.

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